CSR - Status Austria

Sorry, this one is in German - published also in "Profil" Magazine July 2010

CSR in Österreich – der Zukunft entfliehen

Wir schreiben das Jahr 2004. Österreich setzt sich ins Spitzenfeld der Europäischen Länder die sich mit CSR beschäftigen. Ein erlauchter Kreis. Da ist England, da ist Schweden, da sind die Niederlande, aber dann lange niemand. Die Industriellenvereinigung hat ein Leitbild der Verantwortung für Österreichische Unternehmen entwickelt. Und nicht einmal nur seine eigenen Wünsche reingeschrieben, nein, es war ein Multistakeholder Dialog, man hat auch anderen zugehört und deren Anregungen aufgenommen. Gleichzeitig wurde am Österreichischen Normungsinstitut ein Leitfaden entwickelt. Wie können Österreichische Unternehmen nun die Verantwortung auch gleich umsetzen. Dies war gleich so fortschrittlich, dass der Leitfaden in 5 weitere Sprachen übersetzt wurde, darunter auch ins Schwedische, Englische, Dänische und andere. Man schaute nach Österreich wenn es darum ging über CSR zu diskutieren. Ein Österreicher, Martin Neureiter, wurde in die Führung der ISO Arbeitsgruppe gewählt, zuständig für die Entwicklung eines internationalen Standards für Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen – der ISO 26000.

Machen wir einen Sprung in die Gegenwart. Wo ist Österreich heute im Vergleich mit anderen Ländern? Es werden wohl alle zustimmen, unter ferner liefen. Was ist passiert? Die Antwort ist für einen gelernten Österreicher wenig überraschend, trotzdem international immer wieder schwer zu erklären. CSR wurde auf österreichisch institutionalisiert, und damit in die Bedeutungslosigkeit versenkt. Die Kammern, die Ministerien haben das Thema in seiner Tragweite durchaus erkannt, und als gefährlich eingestuft. Gefährlich wenn das Dogma „Freiwilligkeit“ fallen würde und plötzlich eine Verpflichtung draus werden würde. Freiwilligkeit aber im Verständnis von Willkürlichkeit. Alles ist CSR, solange wir es so nennen. Und nur keine Verpflichtung daraus ableiten. Das CSR etwas mit Verantwortung zu tun hat, ja mei, die übernehmen wir auch freiwillig, und wenn es uns nicht passt, dann gilt das Floriani Prinzip. The polluter pays ist ein Prinzip aus der Rio Declaration im Bereich Umwelt, der Verursacher zahlt. Leider ein hehrer Wunsch, in vielen Fällen eine Frage der politischen Zugehörigkeit oder der Drohung mit dem Verlust von Arbeitsplätzen. Verantwortung als willkürliches Ding dass dann gut ist, wenn man es im Marketing brauchen kann, aber ganz schlecht, wenn es was kostet.

Was heißt nun institutionalisiert? In Österreich hat man eine durchaus gute Sache gemacht, man hat eine Plattform gegründet, Respact, getragen von den Kammern, der Industriellenvereinigung, und dreier Ministerien (Lebens, Sozial und Wirtschaft). So weit so gut. Die Folge ist allerdings, dass jetzt von den genannten Institutionen keiner mehr CSR macht, sondern nur auf Respact verweißt. Wenn man mit einem Projekt an eine dieser Institutionen herantritt bietet Respact die ideale Ausrede nichts tun zu müssen. Dänemark hat CSR auf seine Fahnen geheftet. Nicht weil die Regierung meint, dass ist eine schöne Modeerscheinung und da machen wir mal mit, sondern mit knallharten ökonomischen Interessen. Dänemark feilt an seinem Markenimage, Produkte Made in Denmark sollen ökologisch sauber, ökonomisch profitabel und gesellschaftlich verantwortlich erzeugt werden. Der Käufer wird dann höhere Preise akzeptieren, weil er mehr einkauft als nur den Legostein, er kauft ein gutes Gewissen. Und dass tun immer mehr Konsumenten weltweit. Nur Österreich verschläft diesen Zug. Bio alleine reicht nicht mehr, es geht um Image, um Reputation, um die Frage WIE wurde das Produkt erzeugt. Vom Anfang bis zum Ende. Schweden hat einen CSR Botschafter, genauso wie Frankreich, der Unternehmen aus dem Lande dabei unterstützt ihre Produkte weltweit abzusetzen mit dem Image des sauberen, gesellschaftlich Verantwortlichen Herstellungsprozess. Und damit ein Gegengewicht gegen Billigproduzenten zu setzen. Selbst Deutschland, dass anfänglich den CSR Zug eher aufhalten wollte als aufspringen, hat inzwischen eine Lokomotivfunktion übernommen. Die Bundesregierung hat als Folge der „Heuschreckendebatte“ klare Vorgaben entwickelt, wie Ministerien Förderungen zu vergeben haben unter Einbeziehung von Umwelt- und Sozialaspekten. Selbst die G9 Staaten haben in ihrer Erklärung von Heiligendam 2008 CSR als das Instrument zur Steuerung der Wirtschaftsentwicklung gesehen und entsprechende Aufträge zur Weiterentwicklung gegeben. In Österreich hat das niemanden gekratzt.

Es gibt zwar einen CSR Verantwortlichen in der Wirtschaftskammer. halbtags wohlgemerkt, die Vorgabe aber scheint zu sein, alles so weit wie möglich zu verhindern. Im Normungsinstitut wurde eine Initiative gestartet, einen nationalen Standard basierend auf der internationalen Norm ISO 26000 zu entwickeln. Die Diskussion ist stecken geblieben. Dabei ist gar nicht die Wirtschaftskammer alleine daran schuld, keines Wegs. Auch die Arbeitnehmervertreter verwechseln das Normungsinstitut und das Thema CSR mit einem Gesetzgebungsorgan und würden am liebsten alles gesetzlich verankern, inklusive Monopol der Gewerkschaften auf das Thema.

Unter diesen Rahmenbedingungen verwundert es auch nicht weiter, dass die Österreichischen Unternehmen nicht wirklich sich um das Thema kümmern. Es gibt zwar immer mehr CSR Verantwortliche, mit und ohne Budget, und die eine macht mehr oder weniger als der andere, aber ohne großen Drive, ohne große Vision. Und bei Umfragen von Studenten oder von Respact kommt dann raus, sie tun eh alle so viel und sind eigentlich alles CSR Vorzeigebetriebe mit gelebter Verantwortung für die Mitarbeiter und die Umwelt.

Das Versäumnis seit 2004 ist zu erkennen, dass das Thema CSR sowohl ein politisches als auch ein wirtschaftliches ist, dass CSR sinnvoll von Staaten und von Unternehmen genutzt werden kann die eigene Position im globalen Wettbewerb zu stärken und sich in diesem Umfeld in einem Markt mit neuen Prioritäten zu positionieren. Geiz ist geil ist zunehmend out, Hausverstand ist in. Und CSR ist sehr oft nur das einsetzen von Hausverstand, Verantwortung für das was ich tue zu übernehmen, gesundes zu sich zu nehmen, nett mit seinen Mitmenschen umzugehen, Mitarbeiter nicht als Ware zu betrachten und nur wenn ich mehr einnehme als ich ausgebe ich längerfristig am Markt überleben werde. Ist nicht so schwierig, aber in Österreich schaffen wir es, in einer Mischung aus Standesinteressen, Kleinkarriertheit, politischer Verschrobenheit und Inkompetenz diesen Weg in die Zukunft zu verbauen.